Publikumsgesellschaften und sogenannte Abzocker

Mögen Sie sich an Martin Ebner oder Werner K. Rey erinnern, der hatte ein paar interessante Ideen auf risikolose Art einen Haufen Geld zu verdienen. Dieser Link bringt Sie ein wenig in die Vergangenheit. Die Hauptidee war, kaufe ein Firma billig mit schlechter Rendite und viel (versteckter) Bilanz-Reserve. Verkaufe die Reserven (meistens Grundeigentum), bringe die Firma wieder in gute Rendite (durchaus mit kleinen Investitionen) und verkaufe sie gleich wieder mit Gewinn (damit doppelter Gewinn). Als dann Ebner die Aktienmehrheit von der UBS (SBG) übernehmen wollte, war das für den aktuellen Geldadel zu gefährlich.

Zusätzlich wurde in der Schweiz die Einheitsaktie zur Pflicht, was dazu führte, dass die frühere Aktien-Mehrheitsbildung durch Namenaktien weggefallen ist, d.h. wir hatten eben damit plötzlich einige grosse Firmen (Banken, Versicherungen, Grossindustrie und Chemie-Firmen), welche keine Hauptaktionäre mehr hatten. Damit wurden primär Grossbanken und deren CEO’s und Verwaltungsräte zu den Entscheidungsträgern, weil sie via Depotstimmrecht quasi über Nacht zu «Mehrheitsaktionären» wurden, also über die Mehrheit im Aktionariat verfügten. Dies war die Geburtsstunde der neuen Abzocker.

Und jetzt geschah das, was kommen musste. Menschen hatten plötzlich Mehrheiten an Publikumsgesellschaften ohne Unternehmer zu sein. Diese «Entscheidungsträger» haben dann, völlig legal, begonnen Werner K. Rey zu spielen ohne irgend ein persönliches finanzielles Risiko (Werner K. Rey hatte noch ein kleines privates Risiko) und ohne irgend eine echtes nachhaltiges Interesse an diesen Publikumsgesellschaften. Kurz, das Bonussystem und der goldene Fallschirm wurde erfunden, wobei erfunden falsch ist, weil das im anglikanischen Raum schon länger so lief. Als erstes wurden die Reserven verscherbelt, damit der Gewinn stieg und damit der Bonus. Daneben wurden Risiken eingegangen, die früher für Schweizer Banken und Versicherungen undenkbar waren und das frühere Kerngeschäft der Banken (Kredite, Kontoführung, Anlagen) wurde sträflich vernachlässigt, weil das zu wenig Ertrag brachte und damit zu wenig Bonus. Menschlich mache ich den Abzockern keinen Vorwurf, denn sie haben ihr Einkommen optimiert – dass damit z. B. alle Schweizer Banken quasi an den Rand des Ruins kamen ist quasi ein Kollateralschaden dieses rationalen Handelns der «Abzocker». Hand aufs Herz – wer von uns allen hätte in der Position dieser Abzocker auf das Abzocken freiwillig verzichtet – ich kenne persönlich keinen solchen «Übermenschen».

Jetzt rechnen wir ein wenig zur Unterhaltung – das könnte hilfreich sein, wenn man es genauer wissen möchte. Es gab eine Zeit, wo Banken es den Kunden erlaubten mit einem CH-Franken quasi 5 Franken in Wertpapieren zu investieren. Wie? Ich kaufe für 1 Franken erstklassige Aktien, belehne sie zu 80% und kaufe mit den «neuen» 0.80 Franken neue Wertpapiere, dann 80% von 80% usw. und so fort. Die Banken haben mit dem Eigenkapital dasselbe Spielchen gemacht mit CDO’s, nur haben sie bis zu 98% belehnt (man lese hier). Gab bei normalen Kunden der Aktienkurs um 20% nach, dann war der Franken weg (5 * 20% gibt wohl 100%), das hat manchen Bankkunden so erwischt. Bei extremen Banken reichte halt ein Verlust von 2% auf diesen CDO’s und das Eigenkapital war verschwunden (lesen Sie vielleicht auch dies! und zum Leverage-Effekt dies). Diese Effekte waren jedem Banker klar, wirklich jedem! Die Bankenaufsicht wusste es auch, aber nichts geschah, auch die interne und externe Buchhaltungsrevisionsfirmen wussten um das Risiko und ich bin sicher, da gab es ernsthafte Bedenken von dieser Seite.
Übrigens liefen zur selben Zeit Basel I und II, man sprach über das Eigenkapital (Grösse und Sicherheit), da wurde schon mächtig geschlafen (auch vom Bund), um es nett zu sagen ;-).

Ja, es gab diese Abzocker-Initiative und die kam durch, aber wie wir wissen, ohne Erfolg in der Praxis.

Meines Erachtens gibt es keine Lösung in unserer globalisierten Welt, ausser vielleicht die WTO. Würde die Schweiz alleine eine griffige Lösung machen, was ginge, dann würden die Abzocker den Sitz dieser Gesellschaften verschieben und der Haupt-Leidtragende wäre der Schweizer Steuerzahler mit höheren Steuern (+ es gäbe fast unendlich viele Umgehungen, so dass z. B. ein Abzocker vom Sitz bezahlt würde und dann noch von einer Landesfiliale im Ausland!).

Was ich der Eidgenossenschaft dringend empfehlen würde ist, dass es keine sogenannt systemrelevanten Banken geben dürfte. Das hätte zur Konsequenz, dass der Bund in Zusammenarbeit mit Kantonalbanken eine systemrelevante Bank, die wieder im Elend steht, voll übernehmen müsste und dann langsam die Bank kontrolliert liquidiert – alles andere ist eine undemokratische Bevorzugung von Publikumsgesellschaften gegenüber AG’s mit Hauptaktionären in Verantwortung. Wohl ein Traum, da die Verquickung von Berufspolitikern (links und rechts) und Publikumsgesellschaften, ziemlich umfassend ist, aber die Hoffnung stirbt zu letzt.

Für all jene, die jetzt enttäuscht sind, dass ich keine Namen nenne – das ist Absicht – ich spiele nicht auf den Mann (Frau). Wer es dennoch wissen möchte, suchen Sie z. B. den Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der UBS nach der Ära Niklaus Senn oder auch ungefähr zur gleichen Zeit die CS! Sie werden bestimmt fündig! Aber Achtung, keiner der Herren (es waren damals nur Herren, meist mit HSG-Ausbildung!) hat sich irgendwie strafbar gemacht!, sicher ist nur, dass alle Rechnen konnten.

Tja, in der Rückschau ist nun auch folgendes klar. Diese Abzocker haben den Finanzplatz Schweiz so nachhaltig geschwächt, dass die Eidgenossenschaft sogar das Bankgeheimnis rückwirkend für USA und EU aufgehoben hat – ich nenne das eine Bananenrepublik und die Angst bei Banken ist so riesig, dass sie heute unbescholtene Amerikaner als Kunden ablehnen (einige verzichten darum auf die Amerikanische Staatsbürgerschaft) – wir haben es wahrlich weit gebracht 😉 . So ganz nebenbei verschwinden die kleinen Privatbanken (das ist wie Schwindsucht), weil über die heutigen Kontrollen des Bundes, ein kleines Institut nicht mehr gewinnbringend arbeiten kann. Kleinfirmen waren das Rückgrat der Schweiz, nimmt die staatliche Kontrolle massiv zu – goodbye switzerland – aber weder für Berufspolitiker noch für systemrelevante Publikumsgesellschaften – die werden staatlich (und vom Bund) beschützt – persönlich durch Berufspolitiker mit Existenzängsten (was eine tief menschliche Eigenschaft ist und an sich nicht verwerflich)!

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